Die sogenannten „Ärzte für Aufklärung“

Bekannt aus Funk und Fernsehen sind mittlerweile die sogenannten „Ärzte für Aufklärung“.
Hinter dieser Vereinigung versammeln sich Ärzte und sogenannte Ärzte (vor allem sogenannte Ärzte), die Patienten, teilweise ohne vorhergehende Untersuchung, Atteste gegen das Masken tragen ausstellen.

Eigentlich wollte ich mich nur darüber lustig machen, wer sich hier so alles als Arzt bezeichnet. Es gibt eine Liste der Unterstützer, auf der Leute genannt werden, die Geld gegeben haben. Relativ weit oben auf dieser Seite ist auch ein PDF verlinkt, dass unterstützende Ärzte nach Wohnort sortiert auflistet. Ich habe mal den Stuttgartern etwas hinterher gegoogelt, und eine ganze Menge an Heilpraktikern, Akupunktur, Ganzheitlicher Medizin und sonstigen Placebos vorgefunden. Und auch die sonstige Liste der Geldgeber liest sich sehr amüsant. Von Heilpraktikern über Marketing-Spezialisten bis hin zu Vermögensberatern stehen da wirklich lustige Leute drauf. Interessanterweise keine Virologen oder Epidemiologen, dafür aber eine Menge an Ingenieuren. Die Art von Leuten denen man eine fundierte Meinung zu Viruspandemien eben zutraut.
Ich verlinke das hier natürlich auch, um mal das eigene Umfeld und die eigenen Ärzte einzugeben. Ich möchte mit niemandem davon eine (Geschäfts-)Beziehung haben.

Ich verlinke aber auch auf diese Seite, weil hier aller möglicher anderer Verschwörungssumpf aufzufinden ist. Von Impfgegnern, einem Außerparlamentarischen Corona Untersuchungsausschuss bis zu Links zu eindeutigen Verschwörungsgläubigen ist alles dabei.
Ich habe die letzten zwei Tage damit verbracht den Großteil der Videos vom Beginn zum Ende zu schauen, und wollte mehrfach wegen offensichtlicher Dummheit in den Tisch beißen. Es fällt mir schwer etwas herauszupicken, am spannendsten ist vielleicht der Abschnitt zu Impfungen. Hier geht es um die angebliche Einführung von „Zwangsimpfungen“ gegen Covid-19. Einen Beleg für eine solche geplante „Zwangsimpfung“ gibt es selbstverständlich nicht. Nicht mal einen schlechten oder nicht gültigen. Es wird einfach vorausgesetzt. Stattdessen gibt es vier verschiedene Beispiele für angebliche Zwangsimpfungen, mit angeblichen Komplikationen.

  • Das erste Beispiel stützt sich im wesentlichen auf eine Studie eines Mitarbeiters der University of Louisiana at Lafayette. John Oller hat einen Doktortitel in Linguistik (Sprachwissenschaft) und ist auch am Institut für Sprachstörungen angestellt. Seine Qualifikation über Impfungen zu sprechen möchte ich hier mal in Frage stellen, mal davon abgesehen, dass es mir sowieso schwer fällt Kreationisten ernst zu nehmen. Und auch die zitierte Studie halte ich für nicht besonders Aussagekräftig. Es sind gerade mal zwei Zitationen derselben zu finden, eine davon stammt von John Oller selbst, in der anderen wird die Studie als Negativbeispiel herangezogen.
  • Im zweiten Beispiel geht es um Polio-Impfungen. Leider haben da die sogenannten Ärzte für Aufklärung die Studie nicht viel weiter als bis zum Ende der Überschrift gelesen. Ansonsten wäre ihnen aufgefallen, dass die Studie selbst beschreibt, dass die Impfungen erfolgreich waren. Die Studie möchte einen Anstoß zum noch weiteren verbessern des Impfstoffes, beziehungsweise zum weiteren eliminieren der Nebenwirkungen, geben.
  • Zum dritten Beispiel kann ich nicht viel sagen. Die Studie sieht so erst mal recht solide aus, bezieht sich aber auf die 1980er Jahre, als man noch mit lebenden Viren geimpft hat. Laut Robert Koch Institut ist das nicht mehr stand der Forschung, mittlerweile impft man mit abgetöteten Viren. Das hat auch meine kurze Recherche unter den Studien und Artikeln ergeben, die dieses dritte Beispiel zitieren.
  • Das vierte Beispiel ist schon gleich gar keine Studie mehr, sondern das Ergebnis einer Untersuchung des indischen Parlaments. Auch hier hätte es sich gelohnt mal etwas weiter als bis zum Ende der Überschrift zu lesen: Es gab in Indien wohl den Verdacht, dass einige Kinder an einer Impfung gegen Gebärmutterhalskrebs gestorben sind. Die Untersuchung gibt das aber nicht her, im Gegenteil. An quasi jeder Textstelle steht, dass kein Zusammenhang zwischen der Impfung und dem Tod der Kinder feststellbar war. Im Gegenteil, teilweise sind die Kinder schlicht ertrunken. Weil das den sogenannten Ärzten für Aufklärung vielleicht klar war haben sie sicherheitshalber zusätzlich einen Artikel in der Epoch Times verlinkt. Die Epoch Times Deutschland, in der der Artikel erschienen ist, wird sehr häufig für ihre Nähe zur sogenannten AfD und zu Pegida kritisiert. Und laut ZEIT war die Epoch Times im September 2017 noch vor der Jungen Freiheit und PI-News das „Leitmedium der Rechtspopulisten“. Also genau die Art von Quelle, auf die man seine „Aufklärerische Bewegung“ gerne stützen möchte.

Zu guter Letzt: Es lohnt sich offenbar auch, mal den Gründern der sogenannten Ärzte für Aufklärung hinterher zu googeln. Da findet man dann auch solche Schätze.