Eine vermessene Sache

Schrittzähler, Waage, Blutdruckmesser und Gesundheits-Apps sind im Moment schwer auf dem Vormarsch. Immer mehr Menschen interessieren sich für ihre eigenen Lebensdaten, und immer mehr Firmen bemühen sich auf diesen Trend aufzuspringen.
Wer mich kennt weiß, dass ich selbst einen gewissen Hang zu Spielzeug und Gadgets habe, und deshalb auch vieles davon ausprobiert und bei einigem hängen geblieben bin. Eine Bestandsaufnahme.

Alles begann mit dem FuelBand. Ein simples Armband, das nicht viel mehr macht als die eigene Aktivität zu messen und sie in die Nike-eigene Einheit für Fitness Nike Fuel umzurechnen. Es sollte mir eigentlich nur zeigen, an welchen Tagen ich mich wie viel bewege, und als schicke Uhr dienen. Aber es war der Einstieg in ein völlig neues verhalten. Sehr schnell merkte ich, dass es motiviert sich mit anderen zu vergleichen. Und der beste Vergleichspartner ist der eigene Wert vom Vortag. Deshalb begann ich Busse zu meiden und die täglichen Wege von und zur Arbeit in meiner Zeitplanung als Fußwege einzuplanen. Alles mit dem Ziel den Fuel-Wert von gestern zu schlagen. Und es hat funktioniert. Ich freue mich, wenn ich mein Tagesziel erreiche, und wenn es nicht klappt ärgere ich mich und denke darüber nach was ich besser hätte machen können.

Dann kam mir irgendwann das iPhone 5s ins Haus geflattert. Mit dem M7 zähle ich seitdessen Schritte. Ich habe viele Apps ausprobiert, und bin inzwischen bei zweien hängen geblieben: Argus und der Withings-App. Beide nutzen die Daten aus dem M7, und zeigen daher auch die selbe Schrittzahl an. Argus hatte ich zuerst auf dem Schirm, weil das alleine Schicker war. Bei Witting bin ich dann wegen dem nächsten Zubehör gelandet.

Möchte man Maß an sich selbst anlegen wird es irgendwann Pflicht mehr als eine Einheit zu messen. Vergleichswerte werden gebraucht, und irgendwann reicht der Kalender nicht mehr aus, um die Schritte damit zu korrelieren. Deshalb steht hier der Withings Smart Body Analyzer. Eine sehr schicke Waage, die nicht nur Gewicht und Körperfettanteil misst, sondern auch gleichzeitig den Puls und den CO2-Gehalt in der Luft überwacht. So ist es möglich Gewichtsveränderungen mit der Aktivität zu kombinieren, und so bekomme ich einen weitaus besseren Eindruck was welchen Einfluss auf mein Gewicht hat.

Und am Ende des Tages gibt es natürlich noch etwas spannendes: Den Schlaf. Den misst bei mir wieder das iPhone, und zwar schon immer mit der App Sleep Cycle. Da gibt es zwar auch was von Argus, aber da bekomme ich meine alten Daten nicht rein, und die habe ich ja schließlich über einen so langen Zeitraum gesammelt.

Getestet habe ich übrigens noch mehr. Einige Schrittzähler-Apps, die mir aber alle nicht so richtig passen, das Jawbone UP, das ein großartiges Fitnessarmband ist, nur leider etwas zu eng für meine Handgelenke und das Blutdruckmessgerät von Withings. Das ist eigentlich super, und gibt auch meines Erachtens ordentliche Messwerte ab, ist mir aber ehrlich gesagt zu teuer.

Es gibt allerdings einen Aspekt, über den habe ich mir bis zu diesem Wochenende keine Gedanken gemacht. Holgi hat am Donnerstag Abend im Blue Moon über Fitness-Tracker gesprochen, und einen Punkt angesprochen, der mir bis dahin nie so richtig klar war: Das schlechte Gewissen, wenn mal nicht alle Daten da sind. So war es mir zwar noch ins bewusst, aber ich kenne das auch von mir: Seit diese Waage hier steht wiege ich mich jeden Morgen. Und wenn ich nicht zuhause bin muss irgendwo eine Waage her. Schließlich möchte ich eine lückenlose Überwachung meiner Fortschritte. Wenn der Akku des FuelBand leer geht muss er aufgeladen werden. Und wenn es unterwegs passiert, dann muss es eben an den mobilen Akku. Wehe irgendwelche Date gehen verloren. Das gleiche mit den Schlafdaten. Wie gesagt, meine Schrittzähler-App Argus kann auch Schlafdaten analysieren. Aber nicht von meiner App, und die kann ich nicht wechseln. Sonst wären ja die letzten 600 Nächte für die Katz.

Das finde ich tatsächlich faszinierend. Vielleicht ist das auch der Statistiker in mir, der sagt, dass Datensätze immer vollständig sein müssen, aber irgendwie erstaunt mich mein Verhalten doch.

Was bringt die Zukunft? Ich weiß es nicht. In dem Bereich ist im Moment viel im Wandel, Hersteller tauchen auf und verschwinden wieder. Von Fitbit zum Beispiel hört man schon eine Weile nichts mehr. Wittings dagegen hat die wirklich schöne Uhr Activité vorgestellt. Google hat auf ihrer Entwicklerkonferenz Google I/O drei Smartwatches mit Android Wear gezeigt. Misfit äußert sich in einem Interview über das Ende von Fitness-Hardware und über die Zukunft der entsprechenden Software. Und Apple glänzt durch Abwesenheit. Das wird ein spannender Herbst.